Abstracts
Prof. Dr. Michael Custodis (WWU Münster): Visuelle und historiografische Popularisierungen
Während bis zum Ende des deutschen Kaiserreichs 1918 das Bild Friedrich II. als militärische Machtfigur fest etabliert war, woran sich im „Dritten Reich“ bruchlos anknüpfen ließ, erwuchs den deutschen Demokratien daraus ein Problem, wollte man einerseits das historische Erbe weiterführen, ohne andererseits dem preußischen Militarismus zu huldigen. Hier boten die philosophischen und musikalischen Ambitionen Friedrichs einen diplomatischen Ausweg, was sich an unterschiedlichen Inszenierungen nachvollziehen lässt, beispielsweise Comics und Graphic Novels als auch Repertoirepräferenzen des Musikkorps der Bundeswehr.
Prof. Dr. Klaus Pietschmann (Johannes Gutenberg-Universität Mainz): Die Oper „Montezuma“ in den jüngeren Kolonialismus-Debatten
Carl Heinrich Grauns 1755 uraufgeführte Opera Seria Montezuma auf einen Librettoentwurf Friedrichs II. erfuhr in den letzten Jahrzehnten eine für eine Opera Seria vergleichsweise breite und ungewöhnliche Rezeption. Während Herbert Wernicke 1982 den Aztekenkaiser als Alter Ego des Preußenkönigs auf die Bühne der Deutschen Oper Berlin brachte, präsentierte das Teatro de Bellas Artes in Mexico City die Oper anlässlich der Jubiläen 1992 und 2021 in postkolonialistischen Deutungen.
Prof. Dr. Christoph Henzel (Hochschule für Musik Würzburg): „Trygerische Idylle“. Friedrichs Flötenkonzert
Über das tägliche Flötenkonzert des Kronprinzen bzw. Königs ist wenig bekannt. Umso mehr konnte es in verschiedenen Preußen-, aber auch in Bach-Filmen zur Projektionsfläche für divergierende Inszenierungen des Thronfolgers bzw. Herrschers werden. Welche Rolle Musik, Aufführung und Persönlichkeit in der filmischen Erzählung spielen, soll an einigen Beispielen untersucht und in Beziehung zum sich wandelnden Friedrichbild gestellt werden.
PD Dr. Saskia Jaszoltowski (Universität Graz): Das Erbe Friedrich II. als ambivalenter Erinnerungsort in der DDR
Im Zentrum wird die Frage stehen, wie Politik und Musikwissenschaft in der DDR mit einem Erinnerungsort umgegangen sind, der zwar geographisch (aufgrund der touristisch attraktiven Schlösser und Parkanlagen) in Ostdeutschland zu verorten war, ideologisch (aufgrund des preußischen Militarismus ihres Besitzers) aber kaum zur Agenda eines Staates passte, der nach Kräften seine kulturelle Identität in Abgrenzung zur preußischen Geschichte definierte. Inwiefern das Verdrängen bestimmter zugunsten anderer Details bzw. das Austarieren und Manipulieren biographischer Fakten eine politische Intention widerspiegeln, soll mit dem Begriff des „Erinnerungsortes“ reflektiert werden.
Prof. Dr. Melanie Unseld (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien): Response
Im Sinne einer methodischen Reflektion wird die Response zum einen wesentliche Gedanken der Beiträge resümieren, um zum anderen mit Perspektiven der Biographie- und Musikhistoriographieforschung eigene Impulse für die anschließende Diskussion zu geben.